Das Eisberg-Modell

 
Das so genannte Eisberg-Modell verdeutlicht anschaulich, dass ein niedriger Krankenstand allein keine Garantie für hohe Produktivität sein muss. Denn man sieht nur den Teil des Eisberges, der sich über der Wasseroberfläche befindet (nur ca. ein Siebtel seiner Gesamtmasse) und durch offizielle Krankmeldungen sichtbar wird. Außerdem gibt es Leistungsverluste, die nicht durch Abwesenheit sichtbar werden und beispielsweise in der Fehlzeitenstatistik eines Unternehmens nicht auftauchen. Daraus ist zu erkennen, dass sich sowohl im sichtbaren, wie auch im unsichtbaren Teil des Eisberges „Kranke“ befinden. Dabei handelt es sich im sichtbaren Teil um Arbeitsunfähigkeitsmeldungen. Dagegen verbergen sich im unsichtbaren Teil Mitarbeiter, die krank zur Arbeit gehen. Ebenfalls sind in beiden Teilen des Eisbergs Mitarbeiter, die ihr Leistungspotenzial nicht einbringen, dass heißt sie sind zwar körperlich anwesend, aber gedanklich nicht bei der Arbeit und damit unproduktiv. Dafür können Gründe wie beispielsweise Unzufriedenheit, Über- oder Unterforderung oder bestehende ungelöste Konflikte und Probleme innerhalb und außerhalb der Arbeit genannt werden. In Abbildung 3 wird das Eisberg-Modell grafisch dargestellt:


 

Das Eisberg-Modell
Die Arbeitsunfähigkeitsmeldungen stellen den sichtbaren Teil des Eisbergs dar. Wobei sich Missempfindungen und Unzufriedenheit in beiden Teilen widerspiegeln können, denn es gibt Mitarbeiter, die unzufrieden sind, aber sich trotzdem nicht krank melden. Zum anderen gibt es aber auch Mitarbeiter, die sich aufgrund der Unzufriedenheit und bestehender Missempfindungen im Krankenstand befinden. Außerdem können Produktionsverluste auch durch andere Faktoren als nur durch die Arbeitsunfähigkeit der Mitarbeiter entstehen. Dazu zählt zum Beispiel der Dienst nach „Vorschrift“; dies bedeutet, dass der Mitarbeiter nur die Aufgaben erledigt, welche ihm vorgeschrieben werden, und nicht mehr. Der Mitarbeiter zeigt in solchen Fällen keinerlei Eigeninitiative, um Geschäftsprozesse zu verbessern.
Es gibt verschiedene Methoden, den Eisberg zu verkleinern:
1. Eispickel-Methode:
Es werden dabei mit dem Eispickel einige Teile aus dem sichtbaren Teil herausgeschlagen, indem man beispielsweise ältere und krankheitsanfällige Mitarbeiter entlässt oder versucht, vermeintliche „Blaumacher“ zu finden und gegen diese vorzugehen. Negativ dabei ist, dass die heraus gebrochenen Stücke das Wasser weiter abkühlen und dadurch der unsichtbare Teil des Eisbergs noch weiter wächst.

2. Druck-Methode:
Es geht darum, den sichtbaren Teil mit Kraft unter Wasser zu drücken, durch Maßnahmen wie Rückkehrgespräche, Krankenbesuche und Prämien für Anwesenheit. Diese Methode kann kurzfristig gesehen große Erfolge erzielen, aber über einen längeren Zeitraum wird sich der Eisberg wieder nach oben schieben. Das heißt, sobald der Druck von oben nur etwas nachlässt, wird sich der alte Zustand wieder einstellen und der Krankenstand wird erneut steigen.

3. Wasser erwärmen:
Dabei wird die Umgebung des Eisbergs verändert und es wird der sichtbare und unsichtbare Teil erreicht; dies bedeutet dass sich im Unternehmen die Rahmenbedingungen verbessern. Der wichtigste Leitgedanke für diese Strategie ist in der Gesundheitsdefinition der WHO enthalten: „Menschen, die selbst Entscheidungen treffen und über ihre Lebensumstände Kontrolle ausüben können, engagieren sich gerne. Sie arbeiten nicht nur, weil sie Geld verdienen müssen, sondern der Beruf ist für sie ein Lebensbereich, indem sie Anerkennung finden, ihre Kompetenzen entwickeln und Erfolge erleben können. Krankheit ist für sie ein Hindernis, ein interessantes und selbst bestimmtes Leben führen zu können. Sie werden sich daher bemühen, sobald wie möglich wieder gesund zu werden. Wenn sie hingegen die Arbeitsbedingungen als Hindernis für ein interessantes und selbst bestimmtes Leben erfahren, dann steht Krankheit nicht im Kontrast dazu, bietet im Gegenteil vielleicht wenigstens etwas Entspannung und Erholung.“ So führt die „Erwärmungsmethode“ auch langfristig zu Erfolgen.